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Interviews

Im Zuge unserer Tätigkeit ergeben sich immer wieder Möglichkeiten, mit Künstleren oder Persönlichkeiten aus der Musikwelt Gespräche zu führen. Diese Interviews erscheinen seit 1995 in unserem Klaviermagazin "Der Weinberger". Eine Auswahl finden Sie hier. Viel Spaß beim Schmökern.

Maria Mazo - Gewinnerin des Beethoven-Klavierwettbewerbs

Maria Mazo - Gewinnerin des Beethoven-Klavierwettbewerbs

Wie viel üben Sie?
So viel wie möglich.

Maria Mazo – eine überaus attraktive Russin. Sie lebt in München, spricht perfekt Englisch und akzentfrei Deutsch. Spielt Klavier, speziell Beethoven, in einer eigenen Liga. 1982 in Moskau geboren, mit 13 jüngste Preisträgerin beim int. Wettbewerb für junge Pianisten „Arthur Rubinstein in Memoriam“, mit dem Jury Preis beim Van-Cliburn Wettbewerb in USA ausgezeichnet, Preisträgerin beim Busoni und Honens Wettbewerb, erster Preis beim Beethoven Wettbewerb in Mannheim und Hastings Music Festival Piano Concerto Competition, und dem Internationalen Beethoven Wettbewerb im Juni 2013 in Wien. Eine Pianistenkarriere wie im Bilderbuch. Oben drauf noch ein Master-Studium „Medien und Musik“.

Wir lernten Maria Mazo bei der 185-Jahr-Gala von Bösendorfer im Wiener Musikverein kennen und führten ein paar Tage später ein Gespräch. Lesen sie das folgende Interview mit dieser außergewöhnlichen Frau:

Der Weinberger: Sie sind in Russland, Moskau, geboren und aufgewachsen. Erzählen Sie uns etwas über ihre Kindheit, ihre Familie?

Maria Mazo: Ja, gerne - ich habe zwei Geschwister, beide keine Musiker. Meine Mama ist eine Amateur Geigerin - Musik war bei uns seit ich denken kann, immer präsent. Meine Mama hat auch festgestellt, dass ich ein absolutes Gehör habe. So bin ich bald in eine Gruppe für musikalische Früherziehung gekommen und habe mit fünf Jahren mit dem Klavierspielen begonnen. Es gibt ja diese russische Methode - Spezial-Musikschulen, die eine starke musikalische Ausrichtung haben. Diesen Schultyp habe ich ab sieben besucht. Eine wirklich gute Schule, weil man neben dem normalen Unterricht den Schwerpunkt auf Instrumentalunterricht legt. Dieses Schulsystem beginnt schon in der Primärschule und geht bis zur Oberstufe. Das ist ausgesprochen hilfreich, weil Verständnis für die Klavierausbildung und Übezeiten im Rahmen der normalen Unterrichtsfächer in der Schule vorherrscht.

Der Weinberger: Wie alt waren Sie, als Sie beschlossen haben, eine professionelle, klassische Pianistin zu werden?

Maria Mazo: Diese Frage höre ich oft. Es gab keinen Moment einer Entscheidung. Das wuchs erst langsam in mir. Für mich ist es auch schwer festzulegen, wann ich professionell wurde. Meinen ersten Wettbewerb habe ich mit 13 gespielt. In gewisser Weise war das professionell, auch damals schon. Es war ein Bewerb mit drei Runden, mit Solo-Klavierkonzert, usw. Also schwierig zu sagen – ich bin da einfach reingewachsen.

Der Weinberger: Sie haben schon etliche Klavier-Wettbewerbe bestritten und gewonnen. Besonders war wohl der Van Cliburn Competition in USA.

Maria Mazo: Stimmt, dazu hab´ ich eine interessante Geschichte. Beim Cliburn Wettbewerb gibt’s ja mehrere Solo Runden, je 50 Minuten. Die Programmauswahl ist frei. Normal ist, dass man mehrere verschiedene Komponisten spielt. Ich traf damals die Entscheidung, in der ersten Runde NUR die Hammerklaviersonate von Beethoven zu spielen. Das hat vor mir niemand gemacht, und es gab Beratungen in der Jury, ob das überhaupt regelkonform wäre. Das war zwar riskant, weil man sich nur mit einem Werk präsentiert. Also keine Chance auf eine Ausweichmöglichkeit. Aber es hat sich gelohnt – ich kam weiter. Mit meinem Auftritt weckte ich auch die Aufmerksamkeit eines Filmdirektors, der mich dann für einen Dokumentarfilm engagierte – „In the Heart of Music“. Und mein Auftritt scheint sich beim Cliburn etabliert zu haben. Jedes Mal gibt es nun ein, zwei Leute, die auch „nur“ die Hammerklaviersonate spielen…

Der Weinberger: Nach mehreren Preisen bei Wettbewerben haben Sie im Juni den Internationalen Beethoven Wettbewerb in Wien gewonnen. Erzählen Sie…

Maria Mazo: Ich habe es tatsächlich erst auf der Bühne erfahren, dass ich gewonnen habe. Uns wurde nichts gesagt, und das ist natürlich immer sehr spannend. Es ist schwierig, mit den eigenen Gefühlen da richtig umzugehen.

Bruno Weinberger: Wie war die Einschätzung Ihrer Leistung? Haben Sie gespürt, dass Sie gewinnen können?

Maria Mazo: Eigentlich mache ich mittlerweile keine Einschätzungen mehr. Ich denke, dass ich gut gespielt habe. Natürlich ist man nie 100 %ig glücklich, aber ich war zufrieden mit meinem Spiel des 4. Klavierkonzerts von Beethoven. Einschätzungen sind schwierig – es gibt viele verschiedene Juroren, und jeder empfindet anders…

Der Weinberger: Sie haben als Preis neben der Barsumme einen Bösendorfer Flügel, Modell 200 gewonnen. Haben sie ihn schon ausgesucht?

Maria Mazo: Ja, ja, und er steht auch schon ein paar Wochen bei mir und ich übe jeden Tag darauf. Die Auswahl war aufregend und sehr interessant. Ich hatte die Möglichkeit, unter vier 200er Modellen auszuwählen.  Sie waren alle wunderbar aber auch sehr verschieden. Es war sehr spannend, Vergleiche anzustellen und zu einer Entscheidung zu finden, welcher mir am besten gefällt. Ich habe letztlich den für mich ausgewählt, der am besten singt. Das Besondere an Bösendorfer ist ja der gesangliche Ton. Und bei meinem 200er finde ich das ganz stark ausgeprägt.  

Der Weinberger: Wie viel üben Sie?

Maria Mazo: So viel wie möglich. Man hat ja nebenbei auch viel zu tun, wie Organisationsarbeiten oder Reisen.

Der Weinberger: Unsere Leser würden es wohl gerne etwas konkreter wissen.

Maria Mazo: Also 5 bis 6 Stunden am Tag braucht man jedenfalls. Und wenn´s ganz dringend wird, auch mehr.

Der Weinberger: Würden Sie jungen talentierten Klavierspielern empfehlen, den Beruf des Konzertpianisten anzustreben?

Maria Mazo: Ich glaube – generell, auch unabhängig vom Fach, dass man wenn man etwas wirklich machen will, es auch machen soll. Und man sollte auch keine Angst vor Schwierigkeiten haben – die gibt´s ja immer. Und man muss schon selber wirklich stark dahinterstehen. Nicht, dass es der Willen von jemand anderen ist. Also wenn das klar ist, dann kann ich das schon empfehlen.

Der Weinberger: Warum glauben Sie, dass die Popmusik so viel mehr Fans hat als die klassische Musik?

Maria Mazo: Das ist eine wirklich schwierige Frage. Es gibt verschiedene Meinungen dazu, und ich konnte mich noch keiner davon wirklich anschließen. Das Thema wurde ja intensiv recherchiert, und eine Meinung dazu ist, dass die klassische Musik zu elitär ist - dass man einen hohen Bildungstand braucht, damit man klassische Musik überhaupt genießen kann. Auch wenn eine gewisse Logik dahinter steht, überzeugt mich das nicht ganz. Die Welt hat sich in den letzten 20 Jahren durch die neuen Medien doch sehr verändert. Ich glaube, dass die klassische Musik erst jetzt langsam beginnt, diesen Veränderungen zu folgen und sich selber zu verändern. Damit meine ich nicht die Musik an sich, sondern die ganze Art der Präsentation von klassischen Konzerten. Die Form eines Klassischen Konzerts ist ja an sich schon mehr als hundert Jahre alt. Sie hat sich in dem Sinne gar nicht verändert und nicht versucht, auf dem Weg zu sein, wie sich auch die Welt verändert. Auf die junge Generation wirkt das alles fremd. Aber nochmal, es ist nicht die Musik sondern wahrscheinlich die Art der Präsentation: Der Konzertsaal, die Länge eines Konzerts, sich praktisch nicht bewegen dürfen, keinen Lärm machen etc. Das alles ist im heutigen Leben ja ganz unüblich. Damit meine ich nicht, dass man klassische Konzerte sofort so präsentieren sollte wie Pop-Konzerte, aber man muss sicher Formen suchen, wie man die klassische Musik neu präsentiert.

Bruno Weinberger: Wie sehen Sie die Zukunft der sog. Klassischen Musik?

Mario Mazo. Sehr gut. Wir sehen ja, dass die Besucherzahl bei Live Konzerten in den letzten fünf Jahren wieder gewachsen ist. Das sieht zwar nicht so aus, weil nicht die Anzahl der Besucher pro Konzert zugenommen hat, sondern das Publikum in Summe. Denn die Menge der Konzerte hat stark zugenommen. Das Live Konzert entwickelt sich demnach sehr gut, wohingegen, soweit ich höre, der CD-Markt ja sehr schwierig ist. Insgesamt sehe ich die Zukunft sehr positiv!

Bruno Weinberger: Ein paar Worte zu den Charakteristiken verschiedener Marken. Sie kommen auf den internationalen Bühnen wohl meist mit zwei Herstellern – zumeist Steinway und manchmal Bösendorfer - in Berührung.

Maria Mazo: Das könnte man so sagen. Es liegt wahrscheinlich vor allem an der Marketingstrategie von Steinway. Es ist aber wirklich schwierig über eine Marke als Ganzes zu sprechen weil die Instrumente so verschieden sind. Ich habe so viele gute und schlechte Steinways in meinem Leben gespielt. Ich bin fantastischen Bösendorfern begegnet, und wieder anderen, die in  schrecklichem Zustand waren. Man merkt, es gibt ein Potential, aber das ist nicht ausgeschöpft, weil der Klavierstimmer scheinbar nicht wusste, was er tut.
Mir geht’s nicht um eine Marke, wenn ich ein Konzert spiele, sondern darum, wie gut das Instrument ist. Was ich an Bösendorfer sehr mag ist, dass man an diesem Flügel so gut singen kann - die Kantilene, besonders für die deutsche Musik. Z.B. Brahms, Beethoven oder Schumann kann man auf Bösendorfer vielleicht am besten spielen.

Bruno Weinberger: Viele Kinder lernen heute Klavierspielen auf E-Pianos. Wie sehen Sie das?

Maria Mazo: Schwierig, muss ich sagen. Es gibt heute schon hochwertige E-Pianos, die einem einfachen Klavier „ähnlich“ sind. Aber ich finde, wenn Kinder von Anfang an auf E-Pianos spielen, und in der Ausbildung nie auf einem akustischen Flügel, und später, nach 10 Jahren erstmals auf einem richtigen Klavier spielen, dann können sie das kaum. Weil sich das für sie unbequem anfühlt und sie es nicht gewöhnt sind, einen akustischen, echten Klavierklang zu hören. Ein E-Piano ist sicher besser als gar kein Klavier zu Hause zu haben, aber es muss dann wenigstens in der Musikschule einen akustischen Flügel im Unterreicht geben, sodass man zumindest beide spielt.

Bruno Weinberger: Sie sind von Russland nach Deutschland übersiedelt. Warum?

Maria Mazo: Ich kam zum Studium nach Deutschland. Die Schuljahre habe ich in Russland verbracht, und während der Zeit auch schon Unterricht am Moskauer Konservatorium gehabt. Ich wollte aber, auch auf Empfehlung von einigen Leuten, eine andere Schule erleben, neues kennenlernen. Somit war Deutschland für mich die erste Wahl. Mit 18 habe ich in Hannover bei Arie Vardi vorgespielt, und er hat mich in seine Klasse aufgenommen.

Bruno Weinberger: Was machen Sie außer „Klavier“? Irgendwelche Hobbies?

Maria Mazo: Ich muss erst mal erwähnen, dass es gar nicht genug Zeit gibt, um alles zu machen, was ich machen möchte. Das Pianistendasein nimmt praktisch das ganze Leben für sich ein. Wenn ich aber mal Zeit habe, dann gehe ich gerne zum Wandern in die Berge, von München aus habe ja ich nicht weit. Ich kann mich in der Natur am besten entspannen. Und – ich backe gerne. Bei mir gibt’s z.B. englische Scones , Apple Cruble oder Zimtrollen.

Der Weinberger: Zurück zum Geschäft: Wie würden Sie Ihre Live-Auftritte beschreiben – was macht Sie besonders?

Maria Mazo: Folgendes Feedback habe ich schon oft von Konzertbesuchern gehört – egal ob sie musikalisch hoch oder weniger gebildet waren: Die Struktur der Stücke ist deutlich erkennbar. Damit hat das Werk einen größeren Eindruck auf sie gemacht. Und ich versuche natürlich zu sein, also keine großen Gesten, keine Show. Zum anderen aber auch nicht akademisch zu wirken. Also nicht den eigenen Charakter hinter akademischem Gehabe zu verstecken. Die Natürlichkeit ist eine meiner Stärken. Was den Klang anlangt, versuche ich, dass mein Klang am Flügel an ein Streichinstrument erinnert. Ich glaube, man merkt, dass mir das sehr wichtig ist.

Der Weinberger: Was möchten Sie erreichen, was ist Ihr großes Ziel?

Maria Mazo: Ich möchte die Möglichkeit haben aufzutreten, ein eigenes Publikum haben, und ich möchte bei jedem Konzert, egal wie groß oder klein oder wichtig, dem Publikum immer etwas mitgeben. Das ist mein Ziel. Und mein Beruf.

Der Weinberger: Welche Projekte verfolgen Sie aktuell?

Maria Mazo: Ich werde nächstes Jahr meine erste CD mit Werken von Beethoven herausgeben. Was ich schon verraten kann, ist, dass darauf die Hammerklaviersonate zu hören sein wird. Sie erscheint wahrscheinlich im September.

Bruno Weinberger: Zum Schluss etwas ganz anderes: Was könnte Ihrer Meinung nach die Welt retten?

Maria Mazo: Man muss ja erst mal die Frage stellen, muss man denn die Welt retten? Ich bin selbst kein Mensch mit großen Gesten oder großen Botschaften. Ich glaube es beginnt im Kleinen, dass man selbst bewusst mit den Dingen umgeht. Und auch damit, dass man es macht und nicht, dass man darüber redet. Zum anderen habe ich einen sehr schönen Beruf, denn ich glaube die Musik macht die Welt ein bisschen besser.

Der Weinberger: Danke fürs Gespräch!

Vita:
MARIA MAZO                    
Maria Mazo, Gewinnerin des Internationalen Beethoven Klavierwettbewerbs 2013 in Wien, wurde schon vorher mit Preisen beim Honens (Kanada), Busoni (Italien) und Van Cliburn (USA) Klavierwettbewerben ausgezeichnet. Sie konzertierte in der letzten Zeit in Deutschland, Italien, Österreich, Russland und Spanien und tritt regelmäßig mit Sergei Krylov (Violine) auf. Außerdem leitete Maria Mazo vier Jahren lang eine innovative Konzertreihe Late Night Lobby.
Seit jungen Jahren wurde Maria Mazo von Beethovens Musik fasziniert und daher immer bereit, sie zu lernen und, wenn nur möglich, aufzuführen. Ihre tiefe Verbundenheit mit dieser Musik führte sie zuerst zum Gewinn  des 2004 Beethoven-Klavierwettbewerbs in Mannheim. Ein Jahr später machte sie sich eine Reputation beim Van Cliburn Wettbewerb mit einer umjubelten Aufführung von Beethovens Hammerklavier-Sonate. Dort wurde sie auch als eine der Protagonisten für den Dokumentarfilm In the Heart of Music, mit der Regie von Andy Sommer, ausgewählt. In diesem Film lobt der Pianist des legendären Beaux Arts Trio und Jurymitglied Menahem Pressler Maria Mazos Aufführung der genannten Sonate und betont seine Bewunderung "für jemanden so jungen, der in der Lage ist, Beethoven auf solch einem hohen Niveau zu spielen, dass wir [die Jury] noch von niemandem gehört haben ".
In Moskau geboren, begann Maria Mazo als Fünfjährige mit dem Klavierspiel und war Schülerin von Professoren des Moskauer Tschaikowsky-Konservatoriums, während sie noch ins Gymnasium ging. Sie gab ihr Orchester-Debüt im Alter von neun Jahren mit Mozarts Klavierkonzert K.414. Ihr Studium absolvierte sie mit Arie Vardi und Matti Raekallio an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover.
Maria Mazos Debut-CD wird im Herbst 2014 erscheinen.

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