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Interviews

Im Zuge unserer Tätigkeit ergeben sich immer wieder Möglichkeiten, mit Künstleren oder Persönlichkeiten aus der Musikwelt Gespräche zu führen. Diese Interviews erscheinen seit 1995 in unserem Klaviermagazin "Der Weinberger". Eine Auswahl finden Sie hier. Viel Spaß beim Schmökern.

Jubiläum: »Mr. Sängerknaben«, Franz Farnberger ist 60

Jubiläum: »Mr. Sängerknaben«, Franz Farnberger ist 60

Tausende Konzerte rund um den Erdball, 36 Jahre Chorleiter von Sängerknaben. Zuerst bei den Wienern, seit 29 Jahren in St. Florian. Zahlreiche CD Produktionen, die letzten Jahre mit dem Jahrhundert-Sängerknaben Alois Mühlbacher, und kürzlich feierte er seinen 60sten Geburtstag. Höchste Zeit mit dem wohl erfahrensten Sängerknabenleiter unserer Zeit, Mag. Franz Farnberger, ein Gespräch zu führen.

Bruno Weinberger: Gratulation zum 60sten Geburtstag! Haben Sie schön gefeiert?
Franz Farnberger: Ja, 30 mal. Bei unserer Mexico Tournee diesen Sommer hat die Organisatorin jedem Konzertveranstalter gesagt, dass ich meinen 60er feiere. So gab es nach jedem Konzert eine Geburtstagsparty. Den Buben hat das gefallen, jeden Tag Geburtstagstorte.

Bruno Weinberger: Wie sind Sie zur Musik gekommen?
Franz Farnberger: In der 3. Klasse Volkschule hatte ich meinen ersten Klavierunterricht. Pro Monat 20 Schilling. Mir hat das gefallen und vor allem mein Onkel hat das gefördert. Ein eigenes Klavier hatte ich noch nicht, sondern bin zum Nachbarn üben gegangen. Vier Kinder in der Klavierstunde, drei am Klavier – Tonleiter rauf und runter – und einer, der auf der Tafel geschrieben hat. Später waren wir dann noch zu zweit am Klavier, noch später wurde der Unterricht individuell. Mit zwölf Jahren habe ich mein erstes Klavier bekommen.

Bruno Weinberger: Wie kamen Sie zu den St. Floriander Sängerknaben? Nächstes Jahr werden es dreißig Jahre, die sie den berühmten Knabenchor leiten.
Franz Farnberger: Ja, die Hälfte meines Lebens. Nach der Matura studierte ich Musik, Klavier – speziell Klaviervokalbegleitung und Geschichte in Wien. Dann hörte ich, dass eine Stelle bei Wiener Sängerknaben frei wäre. Das hat mich erst mal nicht interessiert. Aber ich habe es dann doch probiert, mich als Kapellmeister beworben und den Job bekommen. Mit einem Chor der Wiener Sängerknaben bin dann sieben Jahre um die Welt gereist, und habe hunderte Konzerte vom Klavier aus geleitet. Für mich als junger Musiker war es ein großartiges Gefühl in so großen Hallen zu konzertieren. Ich habe nicht viel verdient und sehr viel gearbeitet. Die Konzertreisen waren anstrengend, abenteuerlich und sehr schön – auch im Nachhinein. Allerdings macht man das nur ein paar Jahre. Eigentlich hatte ich geplant, dann an der Uni eine Stelle für Korrepetition anzunehmen. Aber eine letzte Tournee wollte ich mit den Wiener Sängerknaben noch machen. Als ich zurückkam, war die Stelle schon vergeben. So hat es sich ergeben, dass mich mein Kollege Trabesinger auf die Stelle bei den St. Florianer Sängerknaben aufmerksam gemacht hat. In Wien war ich ein Rädchen im Getriebe der Institution Wiener Sängerknaben. Mich hat in St. Florian das Mehr der Eigenverantwortung interessiert, das Mitgestalten. Ursprünglich waren die Sängerknaben Teil des Stiftes. 1995 wurde der Verein der St. Florianer Sängerknaben gegründet, der bis heute der Träger der Organisation ist. Wir sind damit unabhängig und haben bestes Einvernehmen mit dem Stift. Wir singen bei Hochämtern und anderen geistlichen Veranstaltungen und wohnen im Stift.

Bruno Weinberger: Sie haben in den Jahren in St. Florian viele CDs aufgenommen, die letzte CD-Produktion war mit Alois Mühlbacher – Weihnachtslieder. Was kommt als nächstes?
Franz Farnberger: Mit Alois haben wir insgesamt vier CDs produziert. Mit dem Chor zuletzt eine Volksmusik-CD, die auch schon fast fertig ist. Wir haben mit einem sehr guten Ensemble gearbeitet, das sich deutlich von der volkstümlichen Musik abgegrenzt. Als nächstes wollen wir diese beiden CDs herausbringen, da ist noch einiges zu tun. Die Werke auf der Weihnachts-CD mit Liedern u.a. von Peter Cornelius, Joseph Haas und Hugo Wolf zeigen den gereiften Alois Mühlbacher, der nicht mehr so hoch singt aber mit sehr viel musikalischer Reife interpretiert. Weihnachtliche Kunstlieder, sehr ungewöhnlich für einen Sängerknaben. Musikalisch gehört diese CD sicher zum Besten, was wir bisher aufgenommen haben. Heute haben wir den letzten Schnitt gemacht.

Farnberger Muehlbacher
Mag. Franz Farnberger bei Probearbeiten mit Alois Mühlbacher

Bruno Weinberger: Die letzte Sängerknabentournee im Sommer ging nach Mexico. Wie war’s?
Franz Farnberger: Besonders, weil eine Gruppe des Männerchores mit dabei war. Das hat sich gut bewährt. Die Reise führte uns auch in den Süden auf die Halbinsel von Yukatan und zu den Maya Stätten. Wir haben alle Höhen und Tiefen von Mexico kennengelernt. Von der Höhe in Mexico City bis in die tropischen Niederungen des Regenwaldes, von Carlos Slim, dem reichsten Mann der Mann der Welt zu dem ärmsten Teil der Bevölkerung. Von allen sind wir mit großer Freude begrüßt worden. Das letzte Konzert sangen wir in einer zwei Millionen Jahre alten Tropfsteinhöhle, mitten im Urwald.

Bruno Weinberger: Worauf kommt es bei der Gesangsausbildung eines Kindes an?
Franz Farnberger: Es geht nicht nur um die Ausbildung der Stimme sondern um die gesamte Entwicklung. Die Buben sind vier bis sechs Jahre bei uns, eine wichtige Zeit ihrer Kindheit, ihres Lebens. Das ist eine große Verantwortung. Wichtig ist uns, dass das Leben im Internat die Lebensfreude des Kindes fördert und ungetrübt verlaufen kann. Außerdem können Sängerknaben heute auch extern mitwirken und weiter bei den Eltern wohnen. Wir bieten im Internat Übernachtungsmöglichkeit und die Gemeinschaft der Sängerknaben. Das erklären wir allen Eltern beim Aufnahmegespräch ganz genau.
An Schnuppertagen können die Kinder das Internatsleben kennen lernen. Wir sind nicht nur bei den Proben, sondern vom Frühstück bis zum Schlafen gehen mit den Sängerknaben verbunden. Es zählt die gesamte Person, nicht nur die Stimme. Das besondere an der Arbeit mit den Sängerknaben ist es, dass sie nicht nur einen pädagogischen Zweck verfolgt, sondern dass die Buben die Möglichkeit haben, sich im »echten Musikbetrieb« zu präsentieren, z.B. im Opernhaus sind, wo wir durch unser Mitwirken Verantwortung für die ganze Vorstellung mit tragen. Schwierigkeiten überwinden, Verantwortung tragen soll aber nicht Stress für die Sängerknaben sein, sondern die Freude an der Tätigkeit muss überwiegen. Das zu vermitteln und eine entspannte Athmosphäre herzustellen, sehe ich als meine Aufgabe. Der Unterschied zwischen Lehrer und Schüler zu Chorleiter und Sängerknaben ist, dass ich Sängerknaben nicht mit Noten beurteile, oder durchfallen lasse, sondern dass wir in einem Boot sitzen. Wenn die Buben nicht gut singen, werde ich genauso kritisiert. Gemeinsamer Erfolg oder auch nicht. Es geht um die Zusammenarbeit und das ist auch fair, wenn wir miteinander etwas erreichen wollen. Das schätzen die Kinder. Sie lernen nicht für eine Prüfung, sondern für ein Konzert. Zum Gesanglichen. Speziell bei Kinderstimmen herrschen ganz unterschiedliche Voraussetzungen. Manche spielen schon ein Instrument, singen, können Noten lesen, andere haben keinerlei musikalische Erfahrung. Ich muss das individuelle Talent in größtmöglicher Weise fördern und trotzdem in der Gemeinschaft alle auf einen Nenner bringen. Für die einen soll es nicht zu fad sein, die anderen dürfen wir nicht überfordern. Im Chor müssen alle zusammenwirken. Ältere geben an die Jüngeren weiter, zeigen ihnen, sich in das Klangbild einfügen. Das Wichtigste ist, die Stimme richtig einzusetzen. Das Finden der richtigen Stimmlage, Alt oder Sopran, was ist am besten für das Kind ist. Nicht in einem Register festsetzen und immer wieder kontrollieren, vorsichtig mit der Stimme umgehen. Programme gestalten, die nicht zur Überforderung führen. Wichtig ist mir auch, Sängerknaben weiter zu begleiten. Auch nach dem Stimmbruch. Darum gibt es den Männerchor.

Bruno Weinberger: Es wird sicher nicht leichter, immer neue Talente für die Sängerknaben zu finden. Wie sind dabei die aktuellen Erfahrungen?
Franz Farnberger: Wir gehen an die Schulen. Aktuell bieten wir Kurse in Volksschulen an und setzen auf Medien, die über unsere Konzerte berichten. Mundpropaganda von Kindern, die bei uns sind, jüngere Brüder, Eltern, generell Empfehlungen. Es könnten immer mehr sein, die sich bewerben, aber wir sind zufrieden. Heuer bekommen wir wieder 12 neue, gute Sängerknaben.

Bruno Weinberger: Im Gegensatz zu Ihrem Vorgänger Bachl dirigieren Sie den Chor meistens vom Flügel aus. Warum?
Franz Farnberger: Jedes Mal zu Neujahr nehme ich mir vor, mehr A-Cappella zu proben und die Finger von der Klaviatur zu lassen. Der Geist ist willig, doch meist siegt die Gewohnheit und mein Drang, zu helfen und harmonisch zu unterstützen. Natürlich spiele ich nicht jeden Ton mit und mache immer darauf aufmerksam, dass der Chor reiner klingen muss als das Klavier, das ja temperiert gestimmt ist. Bei den Konzerten ermöglichen die vom Klavier begleiteten Stücke klangliche Abwechslung und ein wesentlich größeres Repertoire. Wir bauen häufig szenische Elemente in unsere Konzerte ein, z.B. Kurfassungen von Opern wie der Zauberflöte XXS oder der Fledermaus XXS, dann muss ich auf dem Klavier das Orchester ersetzen.

Bruno Weinberger: Über Klaviere: Wie würden Sie die unterschiedlichen Klangcharaktere der verschiedenen Markenhersteller beschreiben?
Franz Farnberger: Es ist eine Binsenweisheit, dass der Bösendorfer einen langen warmen Ton hat. Steinway bietet einen kürzeren, kristallenen Klang, der vielen Pianisten entgegen kommt, weil sie damit brilliant klingen. Yamaha zielt Richtung Steinway. Unterschiedliche Musik erfordert unterschiedlichen Klang. Alle CDs mit Alois haben wir mit einem wunderschönen Bösendorfer 225 aufgenommen, der alle Vorzüge eines idealen Flügels vereint. Das kann man auch auf der Aufnahme hören.

Bruno Weinberger: Nachdem das biologisch Alter des Menschen bei 120 Jahren liegt: Welche Pläne haben Sie für die zweite Lebenshälfte?
Franz Farnberger: Anders als manche in meinem Alter freue ich mich nicht auf die Pension, wo ich endlich meine Hobbies ausleben kann. Für mich ist das alles miteinander verbunden, ich habe ein erfülltes Leben. An die Pension denke ich nicht und ich werde sie auch nicht vorzeitig antreten, sofern mich nicht besondere Umstände dazu zwingen. Ich würde gerne meine Aufgabe noch lange ausüben, aber auch niemandem im Weg stehen, wenn es Zeit ist.

Bruno Weinberger: Sie sind nicht verheiratet und es scheint, dass Ihre Familie die Sängerknaben geworden sind.
Franz Farnberger: Das stimmt sicher. Ein Familienvater hat Kinder, die werden älter, später kommen die Enkelkinder. Ich hingegen bekomme jedes Jahr wieder Kinder im gleichen Alter. Das fördert die Illusion dass man selber nicht älter wird, die aber beim Blick in den Spiegel sofort wieder zerstört wird.

Bruno Weinberger: Was möchten Sie noch erreichen?
Franz Farnberger: Beruflich habe ich kein großes ehrgeiziges Ziel. Es geht vielmehr immer um das nächste Konzert. In einem Opernhaus könnte man sich das Ziel setzen, einmal der Generalmusikdirektor zu werden. In meinem Beruf fängt man jedes Jahr von vorne am. Der Weg ist das Ziel. Sich auf geänderte Bedingungen einstellen, flexibel und spontan, was möglich ist. Und ich möchte gerne was niederschreiben. Geschichten, die ich erfunden und meinen Sängerknaben bei Weihnachtfeiern erzählt habe. Vielleicht mach ich das noch.

Bruno Weinberger: Danke fürs Gespräch.

Vita Mag. Franz Farnberger
Farnberger Probezimmer

  • Künstlerischer Leiter der St. Florianer Sängerknaben
  • Geb. 1952, nach Studien an der Universität und an der Musikhochschule in Wien 7 Jahre Kapellmeister der Wiener Sängerknaben. Leitung von mehr als 800 Konzerten in der ganzen Welt.
  • Seit 1983 künstlerischer Leiter der St. Florianer Sängerknaben, verantwortlich für die musikalische Ausbildung der Buben, Einstudierung des Repertoires und Leitung der Konzerte. Konzertreisen mit dem Chor in alle Kontinente. Zahlreiche CD- und Fernsehaufnahmen.
  • Einstudierung des Chores und der Solisten für die Mitwirkung bei renommierten Festivals (u. a. Salzburger Festspiele, Wiener Festwochen) und in bedeutenden Opernhäusern (u. a. Theater an der Wien, Komische Oper Berlin, Aix en Provence, Luxembourg, Wiener Staatsoper).
  • Von 1984 – 1994 Leiter der Linzer Singschule, seit 1991 Unterrichtstätigkeit am Brucknerkonservatorium bzw. an der Anton Bruckner Universität. www.florianer.at

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