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Interviews

Im Zuge unserer Tätigkeit ergeben sich immer wieder Möglichkeiten, mit Künstleren oder Persönlichkeiten aus der Musikwelt Gespräche zu führen. Diese Interviews erscheinen seit 1995 in unserem Klaviermagazin "Der Weinberger". Eine Auswahl finden Sie hier. Viel Spaß beim Schmökern.

Pensionsreform NEU: „Hackeln bis zum Umfallen“

Pensionsreform NEU: „Hackeln bis zum Umfallen“

Neuer Chef mit japanischen Erfolgsstrategien bei Bösendorfer

Mehr als die Hälfte aller Mitarbeiter von Bösendorfer erleben im April zum fünften Mal einen Chefwechsel. Gut oder schlecht?
Am 1.4.2003 wurde der Oberösterreicher Dipl.-Kfm. Manfred Aichinger vom Eigentümer Bawag als neuer Geschäftsführer eingesetzt. Er löste damit Dr. Rudolf Arlt ab, der offiziell aus gesundheitlichen Gründen ausschied. Kurioses Detail: Der Spitzenmanager war bereits in Pension – er wurde „zurückgeholt“. Wir erleben hier eine bereits gelebte, noch nicht diskutierte Variante der Pensionsreform.

Manfred Aichinger - Bild oben mit Dianne Wawrick bei einem Konzert im Bösendorfer Saal

Ruhestand? – Nein Danke!
Der Eigentümer von Bösendorfer ist eine Bank. Hier zählt vor allem der wirtschaftliche Erfolg. Das Geschäft einer Bank ist Geld, davon verstehen man was. Und das ist in diesem Falle gut. Gut für die Zukunft von Bösendorfer.
Aber was bewegt einen Eigentümer, einen bereits im verdienten Ruhestand befindlichen Herrn anzurufen und ihn zu bitten, mit einer neuen Aufgabe wieder voll einzusteigen? Es muss sich hier um einen Mann mit besonderen Fähigkeiten und einer besondern Einstellung zur Arbeit und zum Leben handeln. Manfred Aichinger, ein Manager, der mit 61 Jahren neue Herausforderungen sucht. Whaoo!

Die Karriere.
Geboren und aufgewachsen in Salzburg, machte er nach seinem Schulabschluss in St. Johann/Pongau, die Matura im Rahmen eines Stipendiums-Jahres in Kalifornien gleich ein zweites Mal. In den 60er Jahren studierte er Welthandel, Japanisch, Spanisch, Italienisch, Englisch und schloss die diplomatische Akademie in Wien ab. Sein Beruflicher Werdegang führte ihn von Linz, über Hamburg und Barcelona wieder zurück nach Österreich: Ab 1980 war er maßgeblich an der Entwicklung der Papierfabrik Steierermühl AG beteiligt - als Verkaufsleiter, Verkaufsdirektor und zuletzt als Mitglied des  Vorstandes.
Der Musik- und Kunstliebhaber Aichinger konnte die erworbenen japanischen Wirtschaftsstrategien, gepaart mit angeborenem österreichischem Charme auf seinem Karriereweg offensichtlich recht gut umsetzen.

Der Mensch.
Nach dem Bundesheer heiratete er die japanische Pianistin Kazuyo Bessho. Sie war bis dahin auch Lehrerin für Klavier an der Kunitachi Musikhochschule in Tokyo. Das Ehepaar Aichinger hat zwei erwachsene Kinder. Einen Sohn, der als talentierter Koch auf den Kanaren arbeitet und eine Tochter, die sich als Journalistin bei einer Frauenzeitschrift engagiert.
Es ist uns bei der Recherche nicht gelungen, eine kritische Anmerkung zum neuen Chef bei der Belegschaft zu hören. Das ist neu. Ein Ausspruch einer Mitarbeiterin hat sich bei uns besonders eingeprägt: „Hoffentlich bleibt er uns lange.“ Gibt es ein größeres Kompliment für einen Chef?

Eigensinnig oder konsequent?
Eine kleine, wahre Geschichte: Aichinger ignoriert eine Autobuslinie, die ihn am Morgen praktisch von seiner Haustüre zur Bösendorfer Fabrik bringen würde. Denn um 5 Uhr fährt sie noch nicht. Er nimmt statt dessen die umständliche U-Bahn Verbindung, die ihn zum gewünschten Zeitpunkt in die Firma bringt.
Er wird als teamorientiert, freundlich und geradlinig beschrieben. Er wünscht mit seinem Namen und nicht mit seinem Titel angesprochen zu werden. Große Achtung verschafft er sich mit seiner „Arbeitswut“: Er ist als einer der Ersten im Betrieb. Bereits um 5:30 sitzt er in seinem Büro und erledigt seine Emails. Abend- und Wochenendtermine sind obligatorisch für jeden Bösendorfer-Chef. Das ist echt schwer zu toppen.

Das Interview:
Wir haben es schon leichter gehabt, einen Gesprächstermin zu bekommen - der Terminplan des neuen Bösendorfer-Chefs hat kaum Lücken. Trotzdem - das erste Interview mit Workaholic Aichinger ist zu Stande gekommen. Bitte sehr:

Der Weinberger: Sie sind seit 1. April 2003 neuer Geschäftsführer von Bösendorfer und haben damit Dr. Rudolf Arlt abgelöst. Warum stellen Sie sich dieser schwierigen Aufgabe eine Klavierfabrik zu leiten, Sie waren doch schon in Pension?
Manfred Aichinger: Ich war nur einige Monate in Pension und bin sehr froh darüber, wieder eine neue Aufgabe zu bekommen. Mit 60 gehört man heutzutage noch nicht zum alten Eisen.

Warum wurden Sie anstelle von Dr. Arlt eingesetzt? Altersmäßig liegen Sie ja dicht beisammen.
Der Eigentümer hat diese Entscheidung getroffen. Ein Grund war bestimmt, dass ich lange Jahre für die Bawag Gruppe gearbeitet habe und man mich gut kennt - das Alter hat dabei keine Rolle gespielt.

Sie waren 20 Jahre lang Spitzenmanager eines großen Industriebetriebs. Ist es nicht eine völlig andere Aufgabe einen im Verhältnis kleinen Betrieb in einer völlig anderen Branche zu leiten oder anders gefragt: Was befähigt Sie zu der Aufgabe, Chef einer der berühmtsten Klavierfabriken der Welt zu sein?
Die Aufgabe und Herausforderung ist sicherlich eine andere als in der Steyrermühl aber ich war seinerzeit auch in der Papierindustrie neu und habe mich einarbeiten müssen, wie halt jetzt auch. Mit Einsatz und Fleiss geht das schon, ausserdem habe ich in Wiener Neustadt und Wien ein ganz erstklassiges Team an meiner Seite und alle geben sich grosse Mühe mit mir, um meine Einarbeitungszeit kurz und effizient zu gestalten - ich bin sehr optimistisch.

Welche kurz- mittel- und langfristigen Ziele wollen Sie mit Bösendorfer erreichen?
Wir wollen stärker in den amerikanischen und asiatischen Märkten präsent sein und unsere Position in Zentraleuropa festigen. Qualitativ wollen wir natürlich weiterhin an der Spitze bleiben.

Apropos langfristig: Wie lange werden Sie Bösendorfer führen?
Ich habe einen Vertrag für 2,5 Jahre.

Was werden Sie sofort ändern?
Spontanentscheidungen liegen mir nicht. Wann immer möglich treffe ich Entscheidungen zusammen mit meinem neu geschaffenen Führungsteam.

Zum Schluss: Wie fühlen Sie sich in Ihrer neuen Aufgabe?
Ich fühle mich sehr wohl.

Herzlichen Dank für das Gespräch und Viel Erfolg!

Fototext: „Hoffentlich bleibt er uns lange“ sagen Mitarbeiter über Manfred Aichinger, den neuen Geschäftsführer der Wiener Klaviermanufaktur Bösendorfer.

Name: Manfred Aichinger
Geb.Dat: 25.7.1942
Sternzeichen: Löwe
Hobbies: lesen, kochen (wenn auch sehr dilettantisch)
Mein liebstes Urlaubsziel: Mühlbach am Hochkönig
Lieblingsmusik: Franz Koglmann- und in letzter Zeit alles was ich, besonders von den jungen Künstlern, die unsere Flügel spielen zu hören kriege.
Mein Fitnessrezept: hard work - no sports
Auf meinem Nachtkastl liegt: derzeit eine japanische Grammatik
Mein Lebensmotto: Meistens lassen sich die Dinge positiv erledigen.

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